Keine Angst vor Frühjahrsmüdigkeit?

Eine Expertenmeinung von Internist und Kardiologe Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart

Der Frühling erwacht, die Tage werden länger, die Sonne scheint – eigentlich sollten wir uns frisch und tatenlustig fühlen. Stattdessen erwischt viele gerade jetzt die Frühjahrsmüdigkeit: Sie fühlen sich schlapp, müde, haben Kreislaufprobleme. Mehr als die Hälfte aller Deutschen sind davon betroffen.

Frühjahrsmüdigkeit ist zunächst einmal ein natürliches Phänomen: Während des Winters ist der Körper auf Kälte und Dunkelheit eingestellt. Er läuft auf Sparflamme und produziert vermehrt das schlaffördernde Hormon Melantonin. Scheint die Sonne wieder kräftiger und länger, bringt das den Hormonhaushalt erst einmal durcheinander. Die Senkung der Melantoninproduktion dauert seine Zeit, die Bildung des Glückshormons Serotonin erfolgt ebenfalls nur langsam. Die Folge: Wir fühlen uns noch im Winterschlaf und kommen erst langsam auf Touren.

Wärme senkt den Blutdruck

Die Wetterumstellung spielt ebenfalls eine Rolle: Werden die Tage wärmer, weiten sich die Blutgefäße. Das wiederum hat Einfluss auf den Blutdruck – er sinkt ab, und wir fühlen uns müde und schwach. Nun braucht der Körper ein paar Wochen, bis er sich an die veränderten Klimabedingungen gewöhnt hat. Außerdem essen viele über die Wintermonate weniger frisches Obst und Gemüse. Das kann zu einer geringeren Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen führen.

Um schneller aus dem Frühjahrstief zu gelangen, helfen meist schon viel frisches Obst und Gemüse sowie Bewegung an der frischen Luft im Sonnenlicht.

Auch andere Ursachen sind möglich

Doch nicht immer sind es die jahreszeitlichen Umstellungen, die anhaltende Schlappheit oder Kreislaufprobleme auslösen. Eisenmangel kann ebenfalls ein Grund sein. Ist das der Fall, wird weniger Sauerstoff über die Blutgefäße transportiert, und die Betroffenen fühlen sich schlapp und müde. Brüchige Nägel können ein Hinweis auf eine Mangelerscheinung sein. Anhand eines Blutbildes lässt sich die leicht feststellen und behandeln. Das fehlende Tageslicht im Winter kann zudem zu einem Mangel an Vitamin D führen. Auch das ist leicht nachweisbar und gut zu beheben.

Darüber hinaus könnte eine Unterfunktion der Schilddrüse für anhaltende Müdigkeit und Antriebsschwäche sorgen. Manchen ist sie angeboren, viele bekommen sie auch im Laufe des Lebens, meist durch eine zu jodarme Ernährung.

Daneben kann auch der Säure-Basen-Haushalt eine Ursache für mangelnde Energie sein. Durch Stress, schlechte Ernährung, zuwenig Bewegung, zu viel Nikotin und Alkohol kann es leicht zu einer Übersäuerung des Körpers kommen. Die Folgen reichen neben anhaltender Schlappheit von fahlem Teint, schuppiger Haut bis hin zu Gicht, Muskelbeschwerden, Magen-Darmstörungen oder Rheuma. Störungen des Gleichgewichts sind in der Regel anhand einer pH-Wert-Messung des Urins leicht nachzuweisen und durch eine entsprechende Ernährung gut zu beheben.

Schließlich muss man bei anhaltender Schlappheit immer an Herz-Kreislauferkrankungen denken. Oft ist es nur ein zu niedriger Blutdruck, der Probleme verursacht. In manchen Fällen kann aber auch eine mangelnde Durchblutung aufgrund einer Gefäßerkrankung oder eine Herzschwäche die eigentliche Ursache sein. Dann ist es wichtig, dieses frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um schlimmere Folgen wie einen Herzinfarkt etwa zu vermeiden.

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Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart,
geboren 1961, ist Kardiologe, Internist und Vorsorgemediziner.
Er war lange Jahre Oberarzt des Westdeutschen Herzzentrums Essen und führt heute die privatärztliche Gemeinschaftspraxis Preventicum in Essen sowie eine Privatpraxis in Düsseldorf. Er wurde als Mitglied der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie berufen und ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Internationalen Gesellschaft für Prävention e.V. 2009 ist von ihm im Fackelträger-Verlag das Buch „Mut zur Gesundheit“ (200 Seiten, ISBN 978-3-7716-4398-0) erschienen.

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