Nun ist es so weit, Golf ist wieder olympisch und ab 2016 dabei. Was haben wir Amateure eigentlich davon? Mitspielen werden wir wahrscheinlich nicht – obwohl wir als echte Amateure den olympischen Gedanken in reinster Form repräsentieren. Zuweilen bin ich so genervt vom gedopten Sport- und Olympiabusiness, dass ich es im Fernsehen nicht mehr anschaue.
Scheinbar lässt sich der Olympiastatus wunderbar für Golf-Business und -Marketing nutzen. Da werden Junior-Golfcamps angeboten und es wird von Olympia 2016 gesprochen. Es lebe die maximale Betreuungsintensität und -qualität. Da wird ein neues Wettspielsystem ab 2013 vom DGV eingeführt und mit dem olympischen Status von Golf hergeleitet. Die Begründungen im Reformpapier hat ein echter Sport-Studierter geschrieben. Kompliment.
Die alte Bundesliga ist tot, es lebe der sportliche Ansatz, gleich sechs Wochenenden zu opfern. Machen die Volleyballer und andere (viel sportlichere) Sportarten doch auch, wird mir dann erklärt, als ich aufstöhne. Es gäbe via Ligareform die Chance an neue (Olympia-) Geldtöpfe zu kommen. Munkelt man jedenfalls.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich habe nichts gegen professionell gepriesenen und betriebenen Sport, doch irgendwie liebe ich die normale und zuweilen skurrile Golfwelt und -szene. Herrlich ist es für mich, auf der Wiese zu spielen, ohne vorher alle Muskeln mehrere Stunden warm machen zu müssen, ohne täglich zu schwitzen und zu leiden, ohne mein Knochengerüst in jungen Jahren ruiniert zu haben. Ach ja, Golf ist eben Golf. Ich bin keine Volleyballerin sondern Golfspielerin. Jetzt stöhnen andere und meinen, ich denke antiquiert.
Es passiert schleichend und unaufhörlich. Ob Golf wohl gefährdet ist, dem Sportwahn und Sportmarketing zum Opfer zu fallen? Spätestens jetzt haben die Fitnessgurus endlich ihre Existenzberechtigung im Golf. Golf ist ja jetzt olympisch. Fitnesstests erfassen schon das Damengolf, Pulsmessungen auf der Runde. Super, wir werden alle noch super sportlich. Es braucht schon einen starken Charakter und Sturkopf, dem Sportwahn die Stirn zu bieten.
Ich bin gespannt, wie lange sich der Amateurstatus noch hält. Ist ein Spieler noch ein Amateur, wenn er den Club wechselt, weil er dort für die Ausübung seiner Turniersaison über 10.000 € vom Budget bekommt? Wie wird sich das Bundesligasystem entwickeln? Vielleicht fliegen Golfclubs bald – wie im Tennis – hochbegabte Spanier oder Engländer ein? Nein, für solche Eventualitäten wurde vorgedacht. Noch haben die Verantwortlichen alles unter Kontrolle.
Über Transferleistungen wie im Fußball sollte auch nachgedacht werden. Die machten es viel erträglicher, intensiv geförderte Spieler an Nachbarclubs zu verlieren. Meist ärgert man sich dann auch noch über die Art und Weise, wie Spielerabgänge verlaufen. Eine Geldsumme wäre da doch ein schöner Trost. Auch würden sich manche Clubs im Vorfeld sehr gut überlegen, ob sie Spieler aufnehmen, die sie kaum kennen.
Ich fände ein Kopfgeldsystem auch sehr genial. Wird ein Clubspieler Deutscher Meister, oder für andere nationale und internationale Titel, zahlt der DGV dem Club dann eine Prämie. Das wären doch ein kreatives Trainingmodell für spätere Profikarrieren und eine gute Belohnung dafür, dass der Club in die Förderung seiner Spieler investiert.
Wann wir wohl im Golf in der olympischen Realität ankommen? Im Olympiasport hören die Athleten auf ihre Trainer, sonst fliegen sie aus den Kadern. Und meist hat das auch mit Geld und Sportförderung zum Überleben zu tun.
Solange die Prinzen und Prinzessinnen der Golfszene noch aus den Geldtöpfen der Eltern, der Clubs oder des DGV bedient werden, ohne von Konsequenzen bedroht zu sein, solange sind und bleiben wir immer noch echte Amateure, Olympia hin oder her. Und wenn dann Golfeltern meinen, ihr Kind sei ein potentieller Weltstar, dann empfehle ich eine Studie der asiatischen Nachwuchstalente.
Golf ist trotz allem viel mehr als der potentielle Erfolg. Golf ist auch Erziehung und Charakterbildung.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine fröhliche und entspannte Saison 2012.
Herzlichst
Ihre Uschi Beer