Anker und Emotionen

Ryder Cup 2012Großes Kino, Lust und Leidenschaft, wie „Brot und Spiele“, das und viel mehr ist der Ryder Cup. Alle zwei Jahre darf die wohlerzogene Golfgesellschaft in grandiosen Emotionen schwelgen, mal richtig loslegen und brüllen, was das Zeug hält. Wir werden Zeuge einer Faszination und Leidenschaft, die die ganze (Golf-) Welt erfasst. Ankermänner braucht’s wie Severiano Ballesteros, die europäische Lichtgestalt eines emotionalen Spieler-Charakters und späterer Captain der siegreichen Europäer in Valderrama. Als sein Name in Wölckchen am Himmel über dem Medina Country Club erscheint, da weinten mehr als nur die Spieler. Faszinierend wie präsent er noch immer ist und zur Motivation der europäischen Mannschaft diente.

Ryder Cup 2012: Danke an Ian Poulter, leidenschaftlicher kann man seine gelochten Putts mit Brüller und geballter Faust nicht bejubeln. Das reißt uns alle mit. Für mich der Frontman der Emotionen im europäischen Team. Herrlich auch Bubba Watson, wie ein Torrero schwor er die USA Fangemeinde ein und pushte sich damit gleich selbst in eine andere Sphäre. „Unser“ Martin Kaymer locht den entscheidenden Putt an Tag 3 und ist für immer mit dem europäischem Sieg verankert. Er bringt damit den Ryder Cup sogar in die Tagesschau und darf sich über seine Rolle als neu geborener (deutscher) „Golfheld“ freuen. Emotionen pur bei Martin Kaymer, daran erinnern wir uns. Das Hirn verankert emotionale Kopplungen.
Göttlich, tierisch, menschlich. Beim Ryder Cup sind alle Emotionen möglich und erlaubt. Die Spieler und Zuschauer offenbaren sich in einer Bandbreite, die mich erschaudern lässt. Leider nur drei Tage, drei verrückte Tage, und das alle zwei Jahre. Der Ryder Cup ist die beste Werbung für den Golfsport überhaupt und erzeugt „Helden“ wie einst Boris Becker für den Tennissport.

Ist die Meldung in der Tagesschau der endgültige Beweis, dass wir uns als Golfnation verstehen dürfen? Ich leide immer noch und bin unendlich traurig, dass Deutschland die Bewerbung als Austragungsort 2018 vermasselt hat. Frankreich anstatt wir und kein Franzose im Team 2012, kaum zu glauben. Unsere Ankermänner Bernhard Langer und Martin Kaymer haben wohl bislang nicht ausreichend für Emotionen und nationale Identifikation mit Golf sorgen können. Ich hoffe, das wird sich nach Martin Kaymers Siegesputt 2012 ändern. Ich hoffe auch, dass sich unsere Politiker und andere Verantwortliche ärgern, sehr lange auf den Ryder Cup in Deutschland warten zu müssen. 2026 könnte Deutschland frühestens Austragungsort werden. Bis dahin brauchen wir noch viele deutsche Ankermänner im Golf, um den Ryder Cup im deutschen Bewusstsein zu halten. Die Chance, uns als touristische Golfdestination zu vermarkten, haben wir erst einmal verschoben.

Szenenwechsel: ich sitze im Flugzeug, während Europa gegen USA in den Einzeln kämpft. Ist das nicht grausam? Ich flog zurück vom Finale einer berühmten Automarke, das auf einer spanischen Insel stattfand. Zwei Nachmittage und Nächte sah ich den Ryder Cup mit spanischen Kommentatoren im Hotel TV und hatte dieses erhebende Gefühl, einem größeren Ganzen anzugehören. Europäischer als bei diesem Ryder Cup habe ich mich noch nie gefühlt.

Besser europäisch als deutsch. Teilweise war es grausam, wie sich manch Teilnehmer aus dem sehr großen deutschen Kreis benommen hat. Es war alles perfekt organisiert und doch nicht gut genug. Die deutsche Meckeritis geht mir echt auf die Nerven. Alles und jedes wird kommentiert und bewertet wie so häufig auch auf dem Golfplatz. So wird das nix mit dem Flow, hätte ich denjenigen gerne um 6:45 Uhr im Bus auf der Anfahrt zum Golfplatz gesagt.

Emotion war übrigens das Schlüsselwort in der Begrüßungs- und Abschiedsrede des Deutschland Chefs. Stimmt, die Automarke erzeugt wunderbare Emotionen. Komisch, dass Golf bei Deutschen so oft so viele negative Emotionen erzeugt und sie diese auch so gerne mitteilen. Unwürdig auch, wie sich mancher (Neu-) Golfer den Dienstleistern und auch Spaniern gegenüber benommen hat. Die Sache mit der Demut und dem Respekt muss sich bei uns Deutschen (Golfern) verbessern. Sonst schickt uns Golfgott nie den Ryder Cup.

Emotionen mit Herz und Seele erzeugen etwas ganz anderes als negative Gedanken und Worte. Schließen Sie beim nächsten „Anfall“ die Augen, um mit dem Herzen zu hören. Es könnten Wunder geschehen. Es könnte passieren, dass Sie gänzlich im Hier & Jetzt aufgehen und wahrnehmen, worum es immer geht: um Liebe und Hingabe. Danke Ryder Cup Team 2012, das habt ihr uns und „Seve“ so wunderbar vorgeführt.

Herzlichst

Ihre Uschi Beer

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