Ich sage es immer wieder, schon die Neandertaler spielten Golf. Sie hatten eine Keule, um Mammuts auf der Jagd zu erschlagen. Mammut tot oder Neandertaler tot, das war die fundamentale Frage. Machte ein Neandertaler Probeschwünge, bevor er das Mammut tötete? Niemals! Vielleicht hat er mit seinen Freunden vor der Höhle Schwingen geübt. Aber wenn es drauf ankam, wenn er auf der Jagd war und die hungrige Familie Fleisch brauchte, dann schlug der Neandertaler zu. Ein Todesstoß und basta. Ein Golfschläger ist ebenfalls eine Keule.
Golfschwünge zu machen haben wir also in den Genen. Wir Menschen schwingen mit allerlei Gerätschaften (Hockey-, Tennis-, Baseball- und andere Schläger), soll mir also niemand erzählen, dass Golfschwünge etwas Besonders oder Schwieriges seien!
Zugegeben, mein Neandertaler-Beispiel mag etwas speziell sein, doch ich will Ihnen ganz einfach klar machen, dass mit einer Keule, einem Schwert oder einer Axt zuzuschlagen, tief in unserem Gehirn programmiert ist. Der Sinn, eine Keule zu schwingen, ist also, auf etwas einzuschlagen.
Geben Sie Kindern einen Golfschläger in die Hand, dann hauen sie mit Lust nach dem Ball. Die Lust hält solange an, bis Instruktionen das Gehirn verwirren. Anstatt einen Todesstoß auszuführen wird die Bewegung intellektualisiert – bis zum Einfrieren. So einfach ist Golf: im entscheidenden Moment x zuschlagen, Mammut tot, bravo!
Die Verwirrung im Golf ist die Sache mit dem Ziel. Fast alle normalen Amateure schauen schneller als sie schlagen können. So müssen wir also Zielfokus mit der Lust zuzuschlagen kombinieren. Erst peilen, ein Bild oder starkes Gefühl zum Ziel, dann zuschlagen. Wer Zielfokus hat, braucht nicht zu schauen. wohin der Ball fliegt. Es geht einzig um den Todesstoß, der Ball fliegt von alleine zum Ziel, es geschieht.
Das ist so eine Sache mit der Lust am Zuschlagen. Golf ist erfunden worden, um zu spielen. Wir dürfen auf dem Golfplatz wieder Kinder sein und Zuhauen, was das Zeug hält. Toll! Ist doch egal, wo der Ball landet. Soll er zum Ziel fliegen, dann braucht es Zielfokus und immer noch den Drang und die Lust zuzuschlagen. Angstfrei natürlich. Das ist die Last mit der Lust. Sie geht verloren. Warum eigentlich? Das macht der Performance-Zwang.
Vor kurzem habe ich mit einem hoch entwickelten Manager gespielt. Gattung Kontrollfreak. In seinem Schwung liefen fünf Schwungprogramme ab. Ich war fasziniert, dass er den Ball überhaupt getroffen hat. Oft habe ich große Bewunderung dafür, wie Golfschwünge immer noch gelingen, obwohl zig Denkaufgaben das Gehirn belasten. Ich spreche auch aus eigener Erfahrung.
Ich habe den Manager trösten können. Um so länger er spielen wird, um so einfacher wird Golf. Außerdem hätte Golfgott ihn auserwählt. damit er lernt, seinen Kontrollwahn aufzugeben. Golf ist ein philosophischer Lernprozess habe ich ihm noch erklärt. Ziel sei die Freiheit. Die totale Freiheit zuzuschlagen, klar, oder?
Gedanken sind Wellen, sie kommen und gehen. Warten Sie doch einfach einen Moment und lassen die komischen Gedanken vorbeiziehen. Ich habe Angst vor dem 1. Abschlag…Welle kommt, Welle geht…Sie stehen auf Abschlag 1, machen Sie ein Bild, wo der Ball hinfliegen oder landen soll und dann hauen Sie zügig und mit großer Lust nach dem Ball. Brauchen Sie einen Probeschwung, um zu testen, ob Sie noch schwingen können oder wie Sie schwingen wollen? Der Probeschwung war es doch meistens schon, das war der Todesstoß. Ihr Gehirn fragt sich dann, was will er denn, mein Chef, habe doch schon die Aufhabe erfüllt, Mammut ist tot.
Das Gehirn ist ja so praktisch und logisch. Man sollte für deutsche Golfer einen Gehirnführerschein einführen. Hinter jedem Spaß steht meist bitterer Ernst. Haben Sie schon Schotten und Engländer beim Golfen beobachtet. Das ist die antideutsche Spiellust. Sorry, aber ich habe diese während einer Turnierwoche in Portugal studiert. Da ist mir mal wieder aufgefallen, wie locker und unverkrampft die Urgolfer ans Werk gehen. Just hit it and have fun. Die Sache mit dem Zielfokus haben die wenigstens drauf, aber sie hauen mit Lust auf den Ball.
Lust macht angstfrei. Wie bei…na das lassen wir jetzt. Aber irgendwie ist Golf auch das: eine große Lust.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine lustvolle Golfsaison.
Herzlichst
Ihre Uschi Beer