Welch ein Zufall. Da treffe ich auf dem Parkplatz des Signalwerkes in Frechen, einem zu Ateliers für bildende Künstler umgebauten ehemaligen Bahnhofsgebäude, eine junge Frau. Sie lädt gerade großformatige Bilder in einen Kleintransporter ein. Golfbilder! Schnell komme ich mit der sehr offenen Deutsch-Brasilianerin ins Gespräch, und wir verabreden ein Treffen im Konzept Golf Gut Clarenhof, wo Tana Ribeiro gerade einige ihrer Golfbilder ausstellt.
So facettenreich wie die Gestaltung von Farben und Formen ihrer Kunst ist auch der Lebenslauf der Künstlerin. In einer Stadt mit dem wunderschönen Namen Diamantina ist Cristiane Bogatzky Ribeiro im Landesinnern Brasiliens mit sechs Geschwistern aufgewachsen, von denen sie liebevoll Tana genannt wurde. Der Großvater war nach dem ersten Weltkrieg aus dem Münsterland nach Südamerika emigriert und als Steinmetz ihr künstlerisches Vorbild.
Musik, Handarbeiten und stetige Veränderung prägen ihre Kindheit. Die Familie siedelt um nach Sao Paulo, und Tana studiert Sport. Neugierig auf das Heimatland eines Zweigs ihrer Vorfahren legt sie ein paar Auslands-Semester in München ein, lernt die Sprache und verliebt sich spontan in die wechselnden Jahreszeiten Europas, kehrt dann jedoch zum Abschluss des Diplomstudiums zurück nach Südamerika. Um dann wieder nach Deutschland, dieses Mal nach Köln an die Sporthochschule, zurückzukehren.
Volleyball war ihr Favorit, aber nun fasziniert sie auch der Golfsport. Mit der Geburt ihres Sohnes vollzieht Tana Ribeiro wieder einen Neuanfang. Sie studiert sechs Jahre an der KÖLNER Malschule Theorie und Maltechniken, um festzustellen „das ist etwas, was ich mein ganzes Leben machen möchte“.
Kunst und Sport, jetzt der Golfsport, gehen eine Symbiose ein. Die Auseinandersetzung mit dem Bewegungsablauf, der Drehung, der optimalen Ausrichtung des Körpers, des Schlägers … zum optimalen Sweetspot führt hin zu sehr konkreten Darstellungen.
Wohin führt ihr Weg in der Golfmalerei? „Nachdem die Bewegungsstudie für mich als diplomierte Sportlerin geklärt ist – was nicht heißt, dass ich den Schwung auch so perfekt beherrsche -, geht der künstlerische Weg wohl weiter in Richtung Golflandschaften“, so die Künstlerin. „Zunehmend kommen auch verfremdende Elemente ins Spiel. Beim ‚Eisernen Griff’ verschmelzen Schaft und greifende Hand ineinander. Der Leser der „Putting-Linie“ befindet sich vor einem sehr dunklen Hintergrund mit diffusen Lichtreflexen der Morgendämmerung. Kann der überhaupt schon etwas sehen? Bei der „Lady Pink“ ist die Golferin detailgetreu athletisch dargestellt, der Hintergrund jedoch verdeutlicht mit kräftigem Pinselstrich die starke Dynamik des Schwungs mit einem langen Eisen.
„Das Abstrahieren auf das Wesentliche spielt in meinen Arbeiten eine große Rolle, sei es in Bewegungen wie in Portraits“, so beschreibt Tana Ribeiro ihre Entwicklung. Diese Ausrichtung wird bei Golfbildern klar erkennbar in der Folge „Farbenschwung“, in der der Golfer mehr und mehr durch geometrische Figuren in starken Farben mit seinem Schwung verschmilzt. Die nächsten Golfbilder werden sich wahrscheinlich vom Menschen hin zu Golflandschaften entwickeln. Die Farbe Grün spricht den Golfer besonders an.
Aber Tana Ribeiro ist in ihrer künstlerischen Entwicklung noch nicht festgelegt. „Die Malerei ermöglicht mir die offene Sinneswahrnehmung zu erreichen, die ich benötige, um die gespaltene Sehnsucht meiner zwei Heimatländer immer wieder neu zu sortieren. In den Farben fühle ich mich geborgen und sicher – auch wenn ich nie weiß, wohin die Reise führt!“ Sehr spannend!
Parallel zu den Golfbildern sind Portraits berühmter Pop Musiker sowie antiker Skulpturen derzeit ein großes Thema. Ausdrucksstarke Gesichter werden in geometrischen Formen und unterschiedlichen Farbstellungen über vier Leinwände dargestellt. Das Besondere an dieser Vierteilung ist, dass die Anordnung über Eck horizontal oder vertikal im 90 Grad Winkel erfolgen kann, was den Eindruck noch intensiviert. Jedes Fragment ist auch für sich ein nicht gegenständliches abstraktes Gemälde.
„Obwohl ich als Sportstudentin anfangs das Golfen kaum dem Leistungssport zuordnete, habe ich wie alle Anfänger Luftschläge fabriziert und über eine demütigende Phase der Frustration zur Faszination des fliegenden Balles gefunden, die mich nicht mehr los lässt.“ Trotz des immensen Zeitaufwandes für die Malerei, Familie und Beruf bemüht sich die Künstlerin jedes Jahr, am Golf-Ball zu bleiben. Besondere Highlights sind Drei-Generationen-Golfrunden mit dem elfjährigen Sohn und dessen Großvater auf dem Platz Burg Konradsheim und im Urlaub. „Da muss ich dranbleiben, um noch ein Weilchen mitspielen zu können“, so die stolze Golf Mama.