Golf ist ein Spiel, und wie jedes Spiel hat es Regeln. Schon bei etwas so Simplem wie „Mensch ärgere dich nicht“ ist es entscheidend, dass alle Spieler am Brett nach den selben Regeln spielen. Denn bringt ein Spieler seine Figur plötzlich auch mit einer Fünf statt einer Sechs ins Spiel, kann dadurch durchaus Irritation entstehen. Bei Kartenspielen wie „MauMau“ einigen sich die Spieler zu Anfang über die Regeln, da es hier durchaus Variationen gibt. Glücklicherweise ist dies im Golf anders, da alle Golfer weltweit nach denselben Regeln spielen.
Aber, tun sie das wirklich? Natürlich sind die Basis unseres Spiels die offiziellen Regeln des R&A (Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews). Zusätzlich sind die jeweiligen Sonderplatzregeln der einzelnen Golfclubs zu beachten sowie zum Beispiel in Ligaspielen die Vorgaben der Hardcard. Haken an der Sache ist, dass die meisten Golfer zu Beginn ihrer Golferkarriere die Regeln im Rahmen der Platzreife lernen. Also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Golfer noch nicht viel Erfahrung hat. Danach ist es eher learning by doing. Da hat der eine Golfer Glück und spielt mit regelfesten Mitspielern und spielt nach den offiziellen Regeln. Der andere hat nicht so viel Glück und lernt von Mitspielern, die sich ihre eigenen Regelinterpretationen gestrickt haben. Und schon ist es passiert: Wir spielen doch nicht alle nach denselben Regeln, und es kommt zu Unstimmigkeiten.
Solange diese unterschiedlichen Regelinterpretationen nur in der Privatrunde auftreten, ist das eigentlich egal. Doch sobald es in Turniere geht, sind wir sozusagen „im Spiel“, und da sollten dann doch alle nach denselben Regeln spielen. Hier geht es nicht um das Thema bewusst Pfuschen. Es geht nicht um geworfene Ballmarker auf dem Grün, aus Hosentaschen fallenden Bällen, am Tag vorher versteckten Bällen im Rough. Es geht vielmehr um gefährliches Halbwissen. Der provisorische Ball liegt besser als der gefundene erste Ball und wird dann weitergespielt. Am Auspfosten wird Erleichterung in Anspruch genommen, obwohl dieser Platzbestandteil ist, bei einem seitlichen Wasserhindernis wird nach hinten zurückgegangen, obwohl die Fahne als Verlängerung nicht zu sehen ist. Vermeintlich alles Kleinigkeiten, doch die Regeln sind dafür da, dass wir uns alle daran halten, damit unser Spiel unter denselben Voraussetzungen stattfindet.
Das sagt der Pro Dennis Küpper:
„Aus der Sicht des Professionals sind die Golfregeln sehr hilfreich, denn sie sind in erster Linie dazu da, dem Spieler zu helfen und ihn zu schützen. Eine Strafe, die ich während des Spielverlaufs oder sogar danach erhalte, bekomme ich nur dann, wenn ich die Regeln nicht befolgt habe. Dies ist in jedem anderen Spiel der Welt genauso. Ein flüssiger Spielablauf kann nur gewährleistet werden, wenn sich alle daran halten.
Unter Golfprofessionals herrscht stets der Gedanke „Golf is a gentleman‘s game“. Damit ist gemeint, dass man sich gegenseitig auf eventuell gemachte Regelverstöße aufmerksam macht bzw. sich bei Regelfragen im Rahmen des Erlaubten hilft. Selbst im Wettkampf ist es ein „miteinander“ spielen, um einen optimalen Spielverlauf gewährleisten zu können. Keiner der Professionals würde einen anderen ins „offene Messer“ laufen lassen.
Es gibt noch einen gravierenden Vorteil, wenn ein Spieler sich wirklich gut mit den Golfregeln auskennt: Es spielt sich im Turnier viel entspannter! Habe ich von einer Regel keine Ahnung und verfahre so, wie ich oder der Zähler gerade meint, habe ich die ganze Runde ständig Zweifel, ob ich nun richtig gehandelt habe oder nicht. Dies kann durchaus negativen Einfluss auf mein Spiel haben. Und eventuell nehme ich eine Erleichterung, die mir regeltechnisch zustünde, nicht in Anspruch und habe dadurch einen erheblichen Nachteil.“
Unser Tipp: Egal ob Amateur oder Professional, ab und zu mal in ein Regelbuch zu schauen ist gar nicht so langweilig wie man denkt. Das erlernte Wissen dann direkt auf der Runde angewandt sorgt dafür, dass die Regeln in Fleisch und Blut übergehen. Sollte doch einmal unklar sein, was zu tun ist, hilft der Blick ins Regelbuch. Eine kompakte Version der Regeln gehört in jedes Golfbag!
Kerstin Wittke-Laube und Dennis Küpper
Fotos: Torsten Laube