Beobachten Sie doch einmal Golfspieler auf dem Golfplatz. Nehmen Sie sich Zeit, suchen Sie sich ein sicheres Eckchen und werfen Sie einen Blick auf das Treiben. Wenn Ihnen dann die Frage gestellt wird, wer zufrieden mit seinem Spiel ist und wer nicht, woran würden Sie Ihre Vermutung festmachen?
Es müssen nicht die Freudensprünge nach einem Birdie oder der vor Frust auf den Boden geschleuderte Schläger sein, die hier Aufschluss geben können. Zumeist reicht ein Blick auf die Körpersprache. Sind die Augen auf den Boden fixiert oder geht der Blick hoch erhobenen Hauptes gen Fahne? Sind die Schritte zum nächsten Abschlag energisch oder schleicht der Spieler mit hängenden Schultern zum nächsten Tee?
Die Beobachtung der Golfspieler lohnt nicht nur auf dem heimischen Platz. Auch die Analyse von professionellen Golfern lässt tief blicken. Auf den großen Touren der Welt werden schlechte Schläge gemacht wie bei dem kleinen Turnier nebenan. Der Ärger und die Frustration sind dementsprechend gleich bei Profi und Amateur. Aber auf dem Weg zum nächsten Ball sieht der Zuschauer dem Profi nur selten an, wie der Score oder die Gefühlslage ist. Nutzen Sie dies als Inspiration: Egal, wie der Score, der vorherige Schlag oder der kommende Schlag sein mag, versuchen Sie, eine Körpersprache zu zeigen, so dass es aussieht, als wäre alles völlig in bester Ordnung.
Zwei extreme personelle Beispiele zum Thema Körpersprache aus dem Profi-Golf sind Sergio Garcia und Retief Goosen.
Der Spanier Sergio Garcia ist ein sehr extrovertierter Spieler, der sich schon mal ausgiebig über einen schlechten Schlag ärgern kann. Jedoch ist er in der Lage, den nächsten Schlag wieder vollkommen fokussiert auszuführen. Seine Körpersprache erlaubt normalerweise nach außen keinen Rückschluss auf seinen Gemütszustand. Doch Laura Davies hat ihn bei dem diesjährigen ersten Major enttarnt. „Ein weiterer Spieler, dessen Körpersprache Zweifel [an seinem Sieg; Anmerkung der Autoren] aufkommen ließ, war Sergio Garcia, und danach bestätigte er, dass er nicht glaubte, dass er das Major gewinnen kann (eigene Übersetzung).“ Wenn große Ziele nicht erreicht werden, ist es schwer, an seinen Tugenden festzuhalten. Was den guten Spieler Sergio Garcia ausmacht, ist seine Entschlossenheit, die sich in der Körpersprache widerspiegelt. Verliert er die positive Spannung, verliert er auch seine Zuversicht.
Der Südafrikaner Retief Goosen wirkt mitunter unerschütterlich. Er zeichnet sich durch eine stoische Ruhe und Besonnenheit aus. Sein Spitzname „The Iceman“ sagt alles. In Zeitungsartikeln wird er als “unlesbar” beschrieben, nur sein selbstbewusstes Lächeln verrät mitunter, wie es in ihm aussieht. Doch bei den US Open im Jahr 2005 zeigte sich, was selbst einem renommierten Profi passieren kann, wenn er seine Körpersprache nicht im Griff hat. Retief Goosen spielte in diesem Jahr gegen den Neuseeländer Michael Campbell. Eigentlich schien klar, dass der Südafrikaner gewinnen sollte, doch Michael Campbell hatte einen guten Tag und Retief Goosen einen schlechten. Mark Reason vom Telegraph schrieb so schön: „Goosen zog seinen Kopf ein wie eine Schildkröte, die ein besonders faules Stück Salat gegessen hat (eigene Übersetzung).“ Die Quittung kam prompt. Später sagte Michael Campbell: „Anhand seiner Körpersprache wusste ich, dass er nicht die richtige Einstellung hatte, und das machte mir Mut. Wenn du ihn das Fairway hinunter schlurfen siehst, kannst du dir diese Energie zunutze machen (eigene Übersetzung).“ Retief Goosen hatte sich äußerlich in sein Schicksal ergeben und stärkte dadurch seinen Mitspieler.
Jeder Golfer hat schlechte Schläge oder Runden, ob Amateur oder Profi. Das gehört zu unserem Sport ebenso wie Fairways, Grüns und kleine Bälle. Die Kunst besteht darin, mit dem, was einem an diesem Tag zu Verfügung steht, das bestmögliche Ergebnis zu spielen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit diesen Situationen umzugehen, und jeder Spieler sollte seine persönliche Herangehensweise finden. Was mir (Dennis Küpper) immer sehr gut hilft, ist, „Just act like a European Tour Player havin’ a bad day!“ Kopf hoch, Brust raus, der Herausforderung entschlossen entgegentreten. Auch wenn uns nach dem dritten Abschlag jenseits des Fairways danach ist, Trübsal zu blasen, sollten wir uns doch gerade in solchen Situationen am Schlafittchen packen. Denn, je mehr wir uns in unser Schicksal ergeben, desto ungünstiger wird die weitere Runde verlaufen. Natürlich ist es gerade in solchen Situationen schwer, eventuell ein Lächeln aufzusetzen, Kampfgeist zu entwickeln oder einfach nur das zu machen, was man gelernt hat. Aber in solchen Momenten Herr über sein Spiel zu bleiben, ist letztendlich der Schlüssel zu Erfolg.
Es ist offensichtlich, dass wenn die eigene Körpersprache einen Mitspieler so beeinflussen kann, wie dies bei Michael Campbell und Retief Goosen geschehen ist, was sie erst für einen selbst bewirken vermag! Auch die Wissenschaft hat dies entdeckt. Untersuchungen an depressiv verstimmten Menschen haben gezeigt, dass schon die Veränderung der Körpersprache ausreicht, um die Stimmung zu ändern. Wir haben es also in der Hand, unsere Stimmungslage aktiv zu ändern, indem wir auf unsere Körpersprache achten.
Hierzu ist es natürlich erst einmal notwendig, sich und seine eigene Körpersprache ein wenig zu kennen. Wie gehe ich, wenn ich enttäuscht bin, wie halte ich meinen Kopf, wenn ich ängstlich bin, wie bewegt sich mein Körper, wenn mir jedwede Zuversicht fehlt? Aber dies gilt natürlich auch im Positiven. Wie fühle ich mich, wenn ich den Blick hebe? Wie geht es mir, wenn ich meinen Körper aufrichte? Gibt es Bewegungen, die mich positiv stimmen? Jeder erinnert sich an die berühmte Becker-Faust, die mittlerweile bei zahlreichen Sportlern Einzug in das Repertoire ihrer Körpersprache erhalten hat. Einmal kurz „Come on“, damit es wieder läuft. Was hilft Ihnen, damit Sie in schwierigen Situationen im Spiel bleiben oder ins Spiel zurück finden?
Wenn ich meine Körpersprache und deren Auswirkungen auf meinen Gemütszustand ein wenig kennengelernt habe, kann ich anfangen, bewusst daran zu arbeiten.
Ein Vorsatz könnte sein: Nie den Blick unterhalb der Fahne haben. Dies sorgt für eine optimistische Körperhaltung mit aufrechtem Gang und erhobenem Kopf. Ein weiteres Bestreben könnte lauten: Gehe energisch. Beschwingte Schritte sorgen für positive Stimmung und Zuversicht. Angst und Sorge haben weniger Platz. Gerade unter Druck ist dies natürlich eine besondere Herausforderung. Begegnen Sie ihr mit Neugier! Je besser Sie wissen, wie Sie sich selbst positiv beeinflussen können, desto eher schaffen Sie es, an einem schlechten Tag wieder gutes Golf zu spielen. Und, wer weiß, vielleicht macht ihre zuversichtliche Körpersprache den entscheidenden Unterschied beim nächsten wichtigen Turnier!